Unserer Abenteuertour Seidenstraße ist beendet - ein Fazit


03. Juni 2018:

Petra:
Und schneller als wir dachten ist es da, das Ende unserer Abenteuertour Seidenstraße 2016+. Es geht auf direktem Weg Richtung Heimat. Nein, es ist glücklicherweise nichts Schlimmes passiert! Unser Mieter, der während unserer Abwesenheit in unserer Wohnung gelebt hat, hat den Mietvertrag vier Monate vor dem geplanten Ende gekündigt. So wird es also nichts mit dem weiteren Ausrollen durch Europa. Aber egal, das holen wir irgendwann nach!!

Nun freuen wir uns wieder darauf, nach Hause zu kommen! Doch je näher wir Deutschland kommen, umso wehmütiger werde ich. Es ist ein völlig anderes Leben, das ich auf einer solchen Abenteuertour lebe. So wie ich losfahre, lasse ich alles, was Heimat ist und bedeutet, zurück und breche mit viel Vorfreude und Erwartungen auf. Das Neue und Unbekannte bestimmen ab sofort meine Gedanken und nicht der tägliche Alltag, der mir vertraut und bekannt ist. Die Herausforderungen werden ganz andere, als die, vor denen ich normalerweise stehe. Doch in dem Moment, wo mich die Kündigung unseres Mieters erreicht, beginnen wieder die Gedanken, die ich während der letzten knapp zwei Jahre gar nicht mehr bzw. kaum noch hatte. Was ist zu tun? Was muss ich erledigen? Wem muss ich Bescheid geben? Welche Post muss ich direkt schreiben? Um was muss ich mich sofort, um was später kümmern? Trotzdem freue ich mich sehr, wieder nach Deutschland zurückzukehren!

Wir waren fast zwei Jahre unterwegs, haben viele neue Länder erfahren und unzählige Abenteuer bestanden. Als wir Ende Juli 2016 losfuhren, zeigte unser Tachometer 132.503 Kilometer, nun leuchten uns 190.158 Kilometer entgegen.

Das bedeutet, dass wir:
gereist sind.

Schon mit Großbritannien und Marokko besuchten wir beim "Einrollen" für unser ganz großes Abenteuer Länder, die uns sehr begeisterten.

Und mit viel Vorfreude starteten wir am 19. Mai 2017 mit der Überquerung der Grenze zu Russland unsere Abenteuertour Seidenstraße! Aber einige meiner romantischen Vorstellungen bezüglich lauschiger Übernachtungsplätze an einsamen Seen in den Tiefen der sibirischen Wälder musste ich sehr schnell den realen Gegebenheiten anpassen. Gerade in den ersten drei Monaten wechselten sich Begeisterung und Ernüchterung ab. Obwohl wir wussten, dass unendliche Kilometer zu fahren sind, so zogen sich die 7.000 Kilometer von der russischen Grenze bis zum Baikalsee viel mehr, als wir das erwartet hatten. Und es hörte nicht auf, in der Mongolei legten wir weitere 5.100 Kilometer zurück und benötigten noch einmal 2.100 Kilometer, bis wir mit Kasachstan Zentralasien erreichten. Diese enorme Fahrleistung in relativ kurzer Zeit gehört so gar nicht zu unserer Reisephilosophie. Aber durch die Visa- und vor allem durch die Jahreszeiten wurden wir in ein sehr enges Zeitkorsett gesteckt und waren gezwungen, dieses Tempo zu fahren. Wir wussten dies im Vorfeld, trotzdem fiel es uns schwer. Doch die Begeisterung überwiegt in der Rückschau bei weitem!

Russland beeindruckt durch seinen unnachahmlichen Sowjetcharme, besticht durch seine wechselvolle Geschichte, die das Land und die Menschen derart geprägt hat. Die Kirchen und Klöster des Goldenen Rings sind neben Moskau einer der vielen Höhepunkte, aber auch die großen Städte haben mich begeistert. Hier wie in allen ehemaligen Sowjetstaaten fallen die schönen großen Parkanlagen auf, die ausgiebig genutzt werden. Berührt haben mich die monumentalen Kriegerdenkmäler zu Ehren der gefallenen Soldaten während der großen Kriege - besonders des zweiten Weltkrieges, der "Vaterländischer Krieg" genannt wird.

Der Baikalsee ist ein Sehnsuchtsziel vieler Fernreisenden. Wir fanden herrliche Stellplätze an seinem Ufer und die kleine Baikalrobbe, die uns täglich an unserem einsamen Strand besuchte, habe ich als erste vor Augen, wenn ich an diese schöne Zeit zurückdenke. Hier konnten wir nach der langen Anreise einige Tage die Seele baumeln lassen und die wundervolle Natur genießen.

Das ganz große Abenteuer dieser Reise fanden wir in der Mongolei! Die unendlichen Weiten dieses Landes und die riesigen Tierherden haben mir sehr imponiert. Und interessant war die Erfahrung, dass man in einem leeren Land trotzdem niemals alleine ist. Aber die Herausforderung, die die extrem schlechten Pistenverhältnisse (Straßen gibt es fast keine) an uns stellten, waren enorm. Nach tausenden Kilometern übelster Piste verging mir der Spaß, da auch unser Auto dabei extrem gelitten hatte. Doch es nutzte nichts, wir mussten da durch! Als 80 Kilometer vor der Grenze zu Russland der Weg durch einen zu tiefen Fluß versperrt war und wir gezwungen waren, 700 Kilometer Piste Umweg zu fahren, war allerdings der Tiefpunkt unserer Abenteuertour erreicht.

Doch in Astana, der Hauptstadt Kasachstans, konnten wir über diese Erfahrungen bereits wieder lachen. Wir nahmen uns Zeit und erholten uns von den Strapazen der letzten Wochen und genossen diese futuristisch anmutende Stadt, die sich für die zeitgleich stattfindende Weltausstellung Expo besonders hübsch herausgeputzt hatte.

Unseren Schwerpunkt in Zentralasien legten wir auf Kirgistan, durch das wir zwei Monate kreuz und quer reisten. Das Land ist wie ein einziger riesiger Nationalpark, die von hohen Bergen geprägte Landschaft ist grandios. Nirgends war das Reisen so einfach wie dort, wo es uns in der Natur gefiel, stellten wir unseren Expedi ab. Und mit Bishkek und Osh hatten wir zwei wunderbare Orte, die wir mit Muße besuchten und das Treiben in vollen Zügen genossen.

Mein persönliches Highlight fand ich in Usbekistan, wo die alte Seidenstraße wieder lebendig zu werden schien. Hier trafen wir die freundlichsten und begeistersten Menschen. Die alten Zentren in Samarkand, Buchara und Chiva waren die kulturellen Höhepunkte dieser Reise.

Die größte Herausforderung hatten wir bei der Durchreise von Turkmenistan, dem Nordkorea Zentralasiens. Wegen der willkürlichen Visavergabe bekam zwar Klaus ein Transitvisum, ich jedoch nicht! Wir entschieden, dass Klaus alleine mit dem Expedi in den Iran fährt und ich mit dem Flieger über Dubai dorthin komme. Wir verabredeten einen Treffpunkt an einem Hostel in Mashhad, danach hatten wir keinen Kontakt mehr. So wussten wir nicht voneinander, ob alles klappt und es dem anderen gut ergeht. Alle Abenteuer hatten wir bis dahin gemeinsam erlebt, nie waren wir allein. Wie unendlich froh waren wir, als wir uns fünf Tage später tatsächlich in der winzigen Gasse neben dem Hostel wiedertrafen!

Vom Iran hatten wir im Vorfeld so viel gehört, daher waren wir erstaunt, ein anderes Bild vorzufinden. Die Frauen waren fast ausnahmslos in schwarz gekleidet, keine Haarsträhne lugte vorwitzig unter der Kopfbedeckung hervor. Sicherlich war dies der Tatsache geschuldet, dass wir in Mashhad, wo sich das größte Heiligtum des Irans befindet, unsere erste Nacht verbrachten. Wenngleich es sich auch während der Weiterfahrt nicht so sehr veränderte. Die Iraner sind sehr herzlich und neugierig und freuten sich über uns Reisende. Das riesige Land hat unglaublich viel zu bieten und ist auf jeden Fall eine Reise wert. Der Ausflug auf die Insel Qeshm mit seinen vielen Naturschönheiten zählt neben dem Ausflug in die Wüste Lut zu meinen Lieblingsorten und ganz besonders der Besuch der alten Karawanserei mitten im Nirgendwo sowie die sehenswerten Städte wie Shiraz, Yazd und Isfahan waren toll. Nur der einbrechende Winter verhinderte, dass wir uns noch mehr anschauen konnten. Wir hätten gerne unseren Aufenthalt dort verlängert. Wer weiß, vielleicht kommen wir eines Tages wieder?!?

Und wie bereits zu Anfang machten uns die vielen Kilometer auch zum Ende zu schaffen. Allein im Iran fuhren wir über 5.100 Kilometer in knapp einem Monat. Es sind riesige Distanzen und der Winter hatte uns dann doch eingeholt. So durchquerten wir zügig die Türkei, um in Griechenland auf den Peloponnes zu überwintern.

Hier ließen wir alles Erlebte der Abenteuertour Seidenstraße sacken und blieben zweieinhalb Monate in Glyfa, wo die zwei "Wohnmobil und Fernweh" Reiseführer für Russland und Mongolei entstanden sowie die dazugehörende Internetseite. Danach bereisten und erwanderten wir ausgiebigst den Peloponnes, was ein krönender Abschluss unserer Abenteuertour 2016+ darstellte.

Die Menschen, die wir unterwegs trafen, waren immer sehr freundlich und hilfsbereit. Nie mussten wir schlechte Erfahrungen sammeln. Auch bei Grenz- oder Polizeikontrollen wurden wir stets korrekt behandelt, im Gegenteil, meistens hatten wir sehr nette Begegnungen mit den Beamten. Viele Geschichten, die andere Overlander erzählen, können wir nur in das Reich der Fabeln verweisen. Ich bin überzeugt davon, dass besonders beim Kontakt mit Offiziellen das Sprichwort gilt: "So wie man in den Wald hineinruft, so schallt es zurück!" Wir gehen stets offen, freundlich und vor allem respektvoll auf alle Menschen zu, bisher hat dies auf unseren vielen Reisen hervorragend funktioniert!

Tja, und nun sind wir wieder daheim, sehr gerne sogar. Wir reisen nicht, weil es uns zu Hause nicht gefällt, sondern weil wir die Welt entdecken wollen!

Wie es weitergeht? Wir wissen es noch nicht, die Zeit wird es zeigen ...


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