Durch das verschneite Ostanatolien zurück nach Europa


11. Dezember 2017:

Unsere Abenteuertour Seidenstraße neigt sich dem Ende entgegen und die letzte Grenze ausserhalb Europas steht an. Klaus, der alte Grenzgänger, fährt mit dem Expedi wie selbstverständlich an der endlosen Schlange der LKWs vorbei und parkt direkt vor dem Grenzzaun zur Türkei. Aber wir benötigen nicht nur einen Ausreisestempel in unseren Pässen, unser Carnet de Passage, das für den Iran benötigt wird, muss ebenfalls ausgestempelt werden. Im Grenzgebäude herrscht pures Chaos und ich trotte hilflos hinter Klaus her. Ich bin die einzige Frau hier, obwohl es nur so von Menschen wimmelt. Frauen sind im öffentlichen Leben nicht existent und ihre Männer erledigen den Papierkram für sie.

Das erste Mal in unserer Abenteuertourgeschichte nehmen wir die Hilfe eines Grenzhelfers in Anspruch. Und dieser Mann ist Gold wert! Er marschiert schnurstracks an der endlosen Schlange der Wartenden direkt in das Büro des Chefs und innerhalb von Minuten sind unsere Pässe gestempelt. Mich schickt er mit einer Handbewegung ins Auto. Und während ich es mir im Auto gemütlich mache, erlebt Klaus bei der Zollabfertigung für den Expedi kriegsähnliche Zustände im Zollgebäude. Die Grenzer schreien herum, Türen werden zugeschmissen und verriegelt, Gepäckstücke fliegen durch die Luft. Unser Grenzhelfer kennt andere Wege in das versperrte Gebäude und zwängt sich durch Türen, schiebt Menschen beiseite und Klaus hat Mühe, an seinen Fersen zu bleiben. Doch nach nur 30 Minuten ist der Spuk vorbei und wir stehen mit allen benötigten Stempeln und Papieren vor dem Grenzzaun. Kaum in der Türkei angekommen ziehe ich mir auch schon das Kopftuch herunter.

Gerade einmal wenige Minuten später halte ich bereits einen großen rosafarbenen Teddybären in den Armen, den wir von dem vor uns einreisenden Türken geschenkt bekommen. Von schlechter Stimmung gegen die Deutschen keine Spur, die Grenzer haben ihren Spaß mit uns. Nur als ein Grenzbeamter am Steuer unseres Expedi mit Hochgeschwindigkeit durch das riesige Grenzareal rast, vergeht mir das Lachen. So viele Kilometer sind wir ohne Schramme davon gekommen, möge es auch so bleiben! Unsere Schutzengel bleiben uns treu und so rollen wir eine Stunde später durch die Straßen Ostanatoliens.

In der Nacht kommt der befürchtete Wintereinbruch und wir wachen durchgefroren in einem Winterwonderland auf. Am frühen Morgen ereilt uns ein böses Déjà vu. Fiel unsere Klimaanlage genau zu dem Zeitpunkt aus, als das Thermometer auf über 35°C stieg, so versagt nun unsere Heizung bei -10°C. Eine Zuleitung scheint zugefroren zu sein. So ziehen wir uns bibbernd an und schleichen langsam durch die tief verschneiten Straßen Ostanatoliens immer weiter Richtung Westen.

Eine Reifenpanne und drei Nächte später erreichen wir glücklich und wohlbehalten wieder Europa! Und für uns geht nach über 32.000 Kilometern unsere Abenteuertour Seidenstraße zu Ende. Aber bis wir nach Deutschland zurückkehren, wird noch ein wenig Zeit vergehen, nun werden wir in Griechenland überwintern und ein bisschen zur Ruhe kommen, um die unzähligen Eindrücke sacken zu lassen!




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